2. Etappe: Rimini-Martinsicuro



18.02.2012 - Die Strecke zwischen Rimini und Martinsicuro ist weitgehend flach, beeinhaltet aber doch zwei Steigungen. Distanz: 205 Km.
Die erste Nacht im Freien ist überstanden. Ich habe erstaunlich gut geschlafen, der Schlafsack war warm genug, störend war nur das Kondenswasser im Biwaksack, dass mir ins Gesicht tropfte. Ich hatte den Biwacksack, um keine kalte Luft einatmen zu müssen, über mein Gesicht gezogen. Eine schlechte Methode wie sich herausstellte, das Kondenswasser tropfte ständig in mein Gesicht. Irgendwann hatte ich genug und ich verkroch mich tiefer in meinem Schlafsack. Jetzt konnte ich gut schlafen. Um nicht immer den Kopf im Schlafsack zu verstecken, trug ich von nun an auch nachts mindestens eine meiner zwei Sturmhauben...
Während ich frierend mein Zeug zusammenpacke, geht die Sonne auf. Ich hatte am Abend meine Kleider ausgezogen, es kostete mich nun einige Überwindung aus dem Schlafsack und rein in die kalten Kleider zu schlüpfen. Doch auch daraus lerne ich. Von nun an behalte ich meine Hosen immer an und ziehe sie im Schlafsack einfach bis zu den Knöcheln herunter. Am Morgen kann ich sie schön vorgewärmt hochziehen und ohne Kälteschock aufstehen...
Um kurz vor 8 Uhr sitze ich dann im Sattel - ein neuer Tag hat begonnen...


Nicht weit von meinem Schlafplatz ist auch schon die nächste Ortschaft....


Das hundefreie jedoch bewohnte Haus...
Das erste sonnige Wochenende in der Region lockte sehr viele Rennradfahrer auf die Strasse. Die kleinen Gruppen von sechs bis acht Fahrern vereinigten sich zu einer grossen Gruppe von ungefähr 60 Personen. Da ich mich ziemlich fit fühle und es ziemlich flach ist, fahre ich mit ihnen mit. Vor mir neben mir und hinter mir sind nun Radfahrer. Da niemand lange im Wind fahren muss, ist das Tempo verdammt hoch. Aus Sicherheitsgründen verzichte ich darauf Fotos zu machen. Nur ein kleiner Moment der Unaufmerksamkeit auf den schlechten Strassen kann hier zu einem Massensturz führen. Ich kann zwar kein Italienisch, jedoch bemerke ich relativ schnell, dass mein Rad zum Hauptgesprächsthema der Gruppe wird. Ein Bahnrad auf der Strasse und zudem beladen mit Gepäck ist ja schliesslich auch ein Ereignis. Die meisten der Fahrer sprechen kein Englisch und natürlich auch kein Deutsch. Doch immer wieder findet sich ein Fahrer, der Englisch kann. Dieser stellt mir dann Fragen über das Ziel meiner Reise, woher ich komme, wo ich übernachte, bis er die wichtigsten Informationen zusammen hat. Dann fährt er zu seinen Kollegen und erzählt ihnen alles. Diese stellen ihm dann weitere Fragen, die er dann an mich weiterleitet. So geht das eine ganze Weile.
Manche von ihnen haben auch grössere Touren gemacht, vornehmlich durch die Alpen, und erzählen mir davon. Alle betonen aber jeweils, dass ihre Touren nicht mit meiner vergleichbar seien.  Ich freue mich natürlich über die Anerkennung, habe aber auch ein komisches Gefühl dabei. Es ist erst mein zweiter Tag unterwegs, ich bin mir nicht sicher, ob ich mein Vorhaben wirklich umsetzen kann... Nachdem wir nun schon eine Weile so gefahren sind, kommt eine Steigung. Ohne Gangschaltung kann ich das Tempo nicht mehr mithalten und falle langsam zurück. Mich stört das nicht besonders, da ich heute noch nichts gegessen habe, muss ich sowieso bald eine Pause machen. Einer der Fahrer kommt zu mir und bietet mir an mich zu unterstützen. Die Steigung sei nicht sehr steil und nur etwa drei Kilometer lang, wenn er auf der linken Seite und sein Kollege auf der rechten Seite mich schieben würden, wäre das kein Problem. Ich lehne dankend ab, versuche noch ein bisschen das Tempo zu halten und lasse die Gruppe dann davonfahren... Eine Pause mache ich dann jedoch noch nicht...

Die Schlusslichter der grossen Gruppe.
Denn bevor ich frühstücke, will ich diese verdammte Steigung hinter mir haben. Mit leerem Magen fahre ich langsam, aber doch unaufhaltsam hoch. Schliesslich habe ich es geschafft, es geht wieder bergab. Statt jetzt endlich zu frühstücken lasse ich es rollen... komme unten an... und fahre weiter... durchquere Pesaro...

... und muss jetzt dringend etwas essen. Der hierfür gewählte Platz ist nicht besonders schön, doch das ist mir egal. Das, was ich noch vom Vortag habe, stopfe ich nun in mich hinein bis mein Beutel mit Vorräten leer ist. Das nächste Ziel ist ein Supermarkt und welch ein Wunder, es hat einen direkt an der Strasse...

Endlich Frühstück...

Mittlerweile bin ich in Fano, einer kleinen italienischen Küstenstadt. Neben vielen Radfahrern sind hier leider viel zu viele Autos unterwegs. Ich passe mich der Situation an und überhole links...

Für Windschatten fahre ich in die falsche Richtung. Soll ich umdrehen? 

Beladen sieht das Rad immer noch schön aus...


Neben der Strasse ist es durch den tauenden Schnee etwas schutzig...

Ancona: Zum ersten Mal muss ich absteigen und schieben, es ist zu steil.
Abgesehen von einer Steigung in Ancona, die mich zum Schieben zwingt, geht es gut voran. Nur einmal ärgere ich mich gewaltig über ein Verbotsschild: Wie immer stehen solche Schilder an den besten Orten: Rechts geht`s ohne Ausfahrt wieder nach Ancona hoch und umdrehen geht hier schlecht.. Ich biege also rechts ab, versuche mich bei der nächsten Auffahr als Falschfahrer und umfahre den für Radfahrer gesperrten Abschnitt der SS16. Dabei verfahre ich mich nur etwas zu häufig...

Das besagte Verbotsschild

Das nicht erreichbare Tagesziel...

SS16, hier ohne Fahrradverbot. Vielleicht nicht die schönste Strasse für Radfahrer, aber ich will im Moment nur möglichst viele Kilometer machen..

Da es direkt an der SS16 keinen Laden gibt, muss ich leider doch ab und zu auf schönere Strassen wechseln...



Am späten Nachmittag kaufe ich mir in einem Laden Fladenbrot, Mozzarella und Salami. Mozzarella wird zu meinem Hauptnahrungsmittel. Nachdem ich mir Kräutersalz gekauft habe, esse ich ab und zu mal schnell eine 200 g Packung ohne Brot.
Die Zeit rast und der Tag geht zu Ende. Doch auch am zweiten Tag wird nach Sonnenuntergang weitergefahren. So werden aus den 140 Km bis Pescara bald nur noch 100, 90 und schlussendlich sogar 80 Kilometer... Vielleicht sogar weniger, durch eine Kleinstadt nach der anderen. Ich rase durch die Nacht bis mir die Augen fast zufallen. Glücklicherweise gestaltet sich die Suche nach einem Schlafplatz als einfaches Unterfangen. Ich finde nach wenigen Versuchen etwas geeignetes in der Nähe der Strasse. Es ist ein kurzer Feldweg hinter einem Garten, vor dem Lärm der Strasse durch eine Hecke geschützt, eingeklemmt zwischen Hauptstrasse und Autobahn. Letztere ist jedoch nicht stark befahren, ich hatte mir sogar überlegt unter einer Autobahnbrücke zu übernachten, der Platz war aber nicht so gut gewesen, sodass ich weitergefahren bin. Mittlerweile ist es spät und ich bin absolut kaputt, ich schlafe aber nicht sofort ein, ein bellender Hund beim nächsten Haus hält mich noch etwas wach...