11. Etappe: Xanthi - Mega Dereio

27.02.2012 - Ein Tag mit lediglich 120 Km und 1100 Hm ist in Zahlen ausgedrückt keine Glanzleistung. Unter Berücksichtigung des sturmartigen Gegenwindes und der aufgrund von Eis und Schnee unbefahrbaren letzten Abschnittes sind die gemachten Kilometer zwar immer noch keine Heldentat, doch alles andere als ein Misserfolg. Es war also gut!
Der Tag fängt zunächst einmal damit an, dass ich nicht aufstehen will, weil ich glaube zu hören, dass es regnet. Gegen 7 Uhr, schaffe ich es dann doch aus dem Bett und schaue zuerst nach dem Wetter. Es regnet gar nicht, dafür fegt ein Sturm über das Land. Natürlich kommt der Wind aus der falschen Richtung. Zunächst mache ich mich aber auf die Suche nach einer Türkeikarte, nur finde ich leider keine.
Ich mache mich trotzdem auf den Weg. Laut meiner Griechenlandkarte komme ich nur in Edirne über die Grenze. Gegen Mittag finde ich in Komotini ein offenes Wlan (im Hotel hat das Internet nicht funktioniert) und ich recherchiere online. Gemäss Routenplaner muss ich durch eine absolute Einöde hoch nach Edirne fahren, weil es sich bei allen direkten Strassen in die Türkei um Autobahnen handelt. Der Erkenntnisgewinn hält sich also im Rahmen. Ärgerlich ist nur, dass ein Grenzübertritt nur wegen einem 10km Autobahnabschnitt im Süden nicht möglich ist. Also muss ich wieder ins Gebirge. Bevor es jedoch jedoch wieder in die Berge geht bin ich erstmal dem Wind schutzlos ausgeliefert, doch nicht mehr allzu lang.



















Schliesslich kann ich die Hauptstrasse verlassen, weiter gehts durch kleine Dörfer. Diese sehen ungefähr so aus, wie ich mir die Türkei vorgestellt habe, aber ich bin ja noch in Griechenland.
Jedes kleine Dorf hat seine eigene Tankstelle, auch zwei Tankstellen sind nicht selten, manchmal sind es sogar drei. Ich habe die leise Vermutung dass es hier mehr Tankstellen als Autos gibt. Wie sich so eine Tankstelle lohnen soll, bleibt mir ein Rätsel... 
Langsam wird mir klar, wo mich meine Route durchführt. Ich schaue mir die Berge an und denke nur: Verdammt, muss ich da wirklich hoch? 
Der Strasse folgend fahre ich das Tal hoch. Immer wieder halten Autos an und ihre Fahrer versuchen mir mit Händen und Füssen zu erklären - eine gemeinsame Sprache sprechen wir nicht - dass es in der Nacht schneien wird und die Strasse schon jetzt für Radfahrer nicht befahrbar sei. Ich gebe jeweils zu verstehen, dass mir das egal sei. Wenn jemand mit dem Auto durchkommt, schaff ich das auch, es gibt ja immer noch schieben. Irgendwann kam dann noch ein ganz hartnäckiger Typ an. Wir Diskutieren ewig -ich halt auf deutsch und er auf griechisch - ob ich jetzt da hoch fahre oder nicht. Er macht sich scheinbar ziemlich Sorgen und zeigt mir auf der Landkarte wo ich durchfahren solle. Nein, das ist alles Autobahn. Autobahn - wir haben ein Wort gefunden das wir beide verstehen. Während er mir nun erklärt, ich könne nicht durch die Berge fahren, weil es dort Schnee hat, erkläre ich ihm, dass ich durch die Berge müsse, weil es sonst nur Autobahnen hat. Er meint, dann solle ich halt auf der Autobahn. So diskutieren wir dann eine ganze Weile. Er versucht mich umzustimmen, doch ich bin stur. Erst als ich mich dazu bereit erkläre, umzudrehen, und mir im Tal einen Weg zu suchen, gibt er Ruhe und braust davon. Endlich, kann ich weiter bergauf fahren...












Bei Einbruch der Dunkelheit erreiche ich das Eis. Ich muss schieben. Zum Glück hat es eine ausgefahrene Fahrspur und es geht zunächst ohne Probleme. Ich entdecke oben am Berg ein Licht, doch es sind nur zwei Autos die im Schritttempo den Berg herunter fahren. Der Wind wird immer stärker und stärker. Auf dem Bergrücken hat es Windräder.  Ich sehe sie nicht, doch ich kann sie laut und deutlich hören. Es wird immer kälter, sodass es nicht mehr reicht, nur ein T-Shirt unter der Jacke zu tragen. An einer einigermassen windgeschützten Stelle ziehe ich mir etwas warmes an, dann geht es weiter...
Ich laufe schon stundenlang den Berg hoch. So hoch kann der doch gar nicht sein, denke ich. Doch, kann er!!! Auf der Passhöhe befindet sich eine Kreuzung, doch nur eine Strasse ist befahrbar. Panisch hole ich meine Landkarte hervor, hoffentlich ist es die richtige -ja, Glück gehabt, meine Strasse ist die befahrbare... Im Dunkeln wird es zunehmend schwieriger, die Spur bzw. überhaupt die Strasse zu finden. Der Wind deckt alles in Schnee ein. Damit das Rad in dem bisschen Spur was es noch hat  bleibt, muss ich dafür nun durch den tiefen Schnee stolpern, während dieser sich in meinen Schuhen sammelt. Stellenweise fehlt es jedoch gänzlich an einer Spur. Ich bin mir nicht ganz sicher ob es schneit oder ob der Wind nur den Schnee aufwirbelt.
Laut meiner Landkarte bin ich mehr als 25 km vom nächsten Dorf entfernt. Ich muss also im Schnee übernachten. Und wenn ich in einem Dorf gewesen wäre, hätte ich, wenn mich keiner eingeladen hätte, sowieso im Schnee übernachtet. Also spielt die Entfernung zum nächsten Dorf keine Rolle. Nur etwas windgeschütztes brauche ich. Nur das gibts hier scheinbar nicht... 



Immer wieder komme ich an einem kleinen Schuppen vorbei. Am liebsten würde ich in einen dieser Schuppen kriechen und eine Runde schlafen. Um herauszufinden, ob sich die Türe öffnen lässt und es drinnen überhaupt genügend Platz hat, müsste ich nur zuerst durch den Tiefschnee waten. Das ist mir eindeutig zu blöd und ich schiebe weiter, doch das geht immer schlechter. Mein Vorderrad rutscht immer wieder unkontrolliert weg. Zuerst denke ich es liegt am vielen Schnee. Das stimmt gewissermassen auch, zwischen Vorderrad, Gabel und Bremse hat sich Schnne gesammelt und dieser blockiert nun das Rad. Es ist sozusagen eingefroren, doch ich kann es wieder befreien. Jetzt gehts wieder besser, doch nur für wenige Meter, dann habe ich wieder genau dasselbe Problem. Das nervt vielleicht!!!!! Und dann sehe ich plötzlich eine Gartenlaube am Strassenrand. Wenigsten ein bisschen Schutz vor dem Wind und vorm Eingeschneit werden. Wenn ich nicht unterwegs meine Flasche Cola verloren hätte, wäre ich jetzt absolut glücklich.