6. Etappe: Igoumenitsa - Ioannina
22.02.2012 - Auch wenn ich während der Nacht öfters aufgewacht bin, fühle ich mich wieder etwas erholt. Trotzdem mache ich nur 95 km, also nicht besonders viel. Grund dafür ist ein teilweise sturmartiger Gegenwind und dass eine Steigung der nächsten folgt - auf die geringe Distanz sind immerhin 1800 Höhenmeter Anstieg zu bewältigen. Dazu kommt, dass ich vom Regen am Vormittag durchnässt bin und deshalb keine Lust habe besonders lange zu fahren, sondern mir bereits am späten Nachmittag ein Hotelzimmer nehme...
Ziemlich früh am Morgen erreicht die Fähre Igoumenitsa. Mein Rad ist unter Deck wenigstens nicht das einzige schwer bepackte Fahrzeug, zwischen den Lastwagen wirkt es etwas unscheinbar.
Das erste was ich in Griechenland mache, ist eine Landkarte kaufen. Nur blöd, das die Tankstellen keine Karten verkaufen, aber die gibts dafür am Kiosk. Bis ich die Karte dann habe, dauert halt eine Weile. Ausgerüstet mit einer Landkarte muss ich jetzt nur noch die richtige Strasse finden. Da ich keine Wegweiser sehe, die mir weiterhelfen, frage ich an einer Tankstelle nach und kaufe mir noch ein paar Flaschen Wasser, damit ich nicht darauf angewiesen bin einen Laden zu finden. Jetzt geht es erstmal etwas hoch. Vor einem noch geschlossenen Supermarkt esse ich etwas unter dem Vordach. Der Filialleiter kommt vorbei und ruft mir etwas zu, erst denke ich er habe ein Problem damit, dass ich mich vor dem Eingang ausbreite, doch er wünscht mir nur einen guten Morgen. Eigentlich müsste ich mir etwas zum Essen kaufen, doch ich will nicht warten bis der Laden aufmacht. Nach dem Frühstück hat es vorrübergehend aufgehört zu regnen, nach einer kurzen Abfahrt geht es dann wieder bergauf.
Endlich bin ich oben. Hier wird die Milch der Umgebung gesammelt. Die Bauern in ihren japanischen Pick-Ups winken mir alle freundlich zu. Auf der Abfahrt habe ich zum erstenmal in Griechenland Probleme mit freilaufenden Hunden, die mir hinterherrennen und auf eine Gelegenheit warten mich anzuspringen. Diese gibt es jedoch nicht, ich bin zu schnell unterwegs. Einer berührt leicht meine rechte Seitentasche, dabei bleibt es aber auch. Unten im Tal hat es einen kleinen Dorfladen, dieser ist zwar geöffnet, doch ich finde nichts zum Essen, auf das ich Appetit habe.
Nach wenigen Metern geht es dann wieder bergauf. Es beginnt wieder zu regnen, dazu kommt ein starker Wind der mich manchmal fast von der Strasse fegt
Ich kämpfe mich also voran. Der Wind peitscht mir den Regen ins Gesicht. Ich nehme mir immer wieder vor an der nächsten Bushaltestelle im trockenen auf besseres Wetter zu warten, halte dann schlussendlich aber doch nie dort an. Ab und zu hab ich dabei für einen Moment die Schnauze voll und schmeisse alles hin oder schiebe ein paar Meter. Ich wechsele zunächst immer wieder zwischen schieben und fahren ab, je nachdem was gerade besser geht. Weiter oben muss ich aufgrund des starken Windes sowieso schieben. An fahren ist gar nicht mehr zu denken...
Eine gefühlte Ewigkeit quäle ich mich voran, dann komme ich völlig durchnässt oben an. Hinter einer kleinen Kapelle suche ich Schutz vor dem Sturm und ziehe mich so schnell wie möglich um. Jetzt habe ich wenigsten wieder einen trockenen Oberkörper. Ersatzhosen habe ich leider keine und wieder einmal rege ich mich darüber auf, keine Regenhosen und wasserdichte Überschuhe mitgenommen zu haben. Während der Abfahrt bessert sich das Wetter und unten im Tal ist es gar nicht mal mehr so übel, nur noch bewölkt und etwas windig, der Sturm hat sich jedoch gelegt.
Da ich seit dem Frühstück nicht mehr gegessen habe und es schon 13 Uhr ist, bin ich entsprechend hungrig. In einer kleinen Bäckerei finde ich Verpflegung für den Rest des Tages. Die Verkäuferin staunt nicht schlecht als ich fast alles leer kaufe...
Nach einer kleinen Verschnaufpause, eine längere Pause kommt in meinen nassen Kleidern nicht in Frage, geht es wieder bergauf und bergab und wieder bergauf. Es scheint kein Ende zu nehmen...
Die Gegend ist ziemlich verlassen. Es hat kaum Dörfer und nur selten fährt ein Auto an mir vorbei. Es hat entgültig aufgehört zu regnen und das ist auch gut so. Nur der Wind ist wieder stärker geworden. Er ist mein grösster Feind und ich kämpfe unermüdlich gegen ihn an.
Um mich nicht völlig zu verausgaben, um für die bevorstehenden Tage genügend Kraft zu haben, beschliesse ich heute nicht mehr all zu lang zu fahren. Und so kommt schon bald die letzte Steigung für heute. Nach dem letzten Berg kommt die letzte Abfahrt. Das bisschen Schnee auf den Berggipfeln beunruhigt mich nicht. Ich gehe nicht davon aus, dass ich dem Schnee wirklich nahe kommen würde. Ausnahmsweise halte ich mich heute an meinen Vorsatz: Noch bei Tageslicht leiste ich mir in Ioannina ein Hotel. Seit fast einer Woche kann ich mich zum erstenmal wieder richtig waschen. Ich geniesse die warme Dusche und hänge meine Kleider zum Trocknen auf. Leider ist das Zimmer nicht richtig geheizt und im Bad fehlt ein kleiner Teil der Fensterscheibe. Die Folge ist, dass ich zum ersten Mal auf meiner Tour nachts friere und dass meine Kleider nicht wirklich trocknen, dabei war genau letzteres der Grund gewesen in einem Hotel zu übernachten. Auch wenn die Nacht im Schlafsack vielleicht sogar etwas wärmer gewesen wäre, bin ich doch ziemlich froh wieder etwas sauberer zu sein. Ich schlafe heute erst ziemlich spät ein, ich habe nämlich Internet...