1. Etappe: Sustenpass, Oberalpass
17.06.2012 - 180 Km, 3750 Hm. Die
erste Etappe beginnt mit einer Zugfahrt nach Meiringen. Ich will
Alpenpässe fahren und nicht entlang des Thuner- und Brienzersees...
Vielleicht hätte ich aber besser auf die Bahnfahrt verzichtet oder
wäre am besten eine Stunde früher los. Im Zug von Bern nach
Interlaken Ost hat es sich nämlich auch ein Radfahrerpärchen der
unerträglichen Sorte bequem gemacht, dass mir tierisch auf die
Nerven geht. Sie hat nämlich ihr Fahrrad frisch geputzt, und jedes
mal wenn ein anderer Radfahrer zu steigt, stürmt sie zu ihrem Rad und
weist die neu Zugestiegenen darauf hin, dass dies ihr Rad sei, wofür
sie jedes mal einen verständnislosen Blick erntet. Keiner der
überrumpelten Radfahrer kann so richtig verstehen was sie damit sagen
möchte... Ihr Freund kommentiert ab und zu das Geschehen vom anderen
Ende des Wagens. Was für ein Theater!
Anschliessend unterhalten sich die zwei in einer unerträglichen
Lautstärke darüber, dass sie ihr Rad frisch geputzt haben und die
anderen ja so dreckige Räder hätten usw. Nachdem ich die Geschichte
dreimal gehört habe wechsle ich den Platz innerhalb desselben
Wagens. Da sie sich aber wie gesagt sehr laut unterhalten, kann ich
mir den Blödsinn weiterhin anhören... Beim Umsteigen in Interlaken
Ost in den Zug nach Meiringen erklärt sie mir, dass sie in Meiringen
aussteigen müssen und, dass ich ihnen ja nicht den Platz versperren
soll. Wie ich das machen könnte weiss ich angesichts des Risiken
Fahrradwagens zwar nicht, aber ich nicke mal, um nicht weiter
belästigt zu werden... Nachdem wir in Meiringen aneinander gekommen
sind, kaufe ich erst mal etwas ein. Dann kann es losgehen...
Die
Fahrt nach Innertkirchen ist noch so ziemlich locker. Ich geniesse
das Fahren mit Freilauf, bei der Abfahrt von der Aareschlucht kann
ich es mal wieder etwas krachen lassen. Die Abfahrt ist aber nur sehr
kurz und es wird richtig anstrengend, es geht den Sustenpass hoch.
Schon bald merke ich, dass mein Rucksack mir etwas zu schwer ist.
Nachdem ich das meiste in der Tasche auf dem Gepäckträger verstaut
habe, geht das Fahren im Wiegetritt leicht bzw. nicht mehr ganz
so schwer, denn der Susten ist ja nicht irgendein harmloser kleiner Hügel.
Auch wenn ich nicht ganz ausgeschlafen bin komme ich bei strahlendem
Sonnenschein gut voran. Dass ich die vergangene Woche nicht auf dem
Rad gesessen bin, macht sich positiv bemerkbar: ich bin körperlich
so erholt wie schon lange nicht mehr.
Nach
einer nicht übermässig langen Fahrt erreiche so gegen Mittag die
2224 m.ü.M liegende Passhöhe, sofern dass dort angebrachte Schild
richtig ist. Auf eine lange Pause verzichte ich, ich ziehe mir
nur eine Jacke an und nehme die Abfahrt in Angriff. Unten angekommen
entscheide ich mich für die stark befahrene Strecke nach Andermatt,
anstatt wie geplant den Klausenpass zu machen. Da der Oberalppass
nicht weit ist, sind trotz meines späten Aufstehens zwei Pässe
möglich. Nach ein paar, wegen des vielen Verkehrs anstrengenden
Kilometern, gibt es in Andermatt ein tolles Mittagessen und
anschliessend geht es sofort wieder bergauf...
Der
Oberalppass ist als zweiter Pass des Tages schon viel anstrengender
als der Susten, obwohl viel weniger Höhenmeter und Kilometer zu
bewältigen sind. Da ich nicht weiss mit was ich mir die Zeit
vertreiben könnte mache ich mich sobald ich oben bin gleich an die
Abfahrt. Ich fahre, fahre und fahre.
Weil
ich hungrig und durstig bin werde ich langsam etwas faul als die
Hauptstrasse wieder etwas hochgeht wechsle ich auf den flach
aussehenden Radweg... Schon bald ist das kleine Strässchen nicht
mehr geteert und es geht runter zum Fluss. Jetzt wären etwas
breitere Reifen von Vorteil, aber eigentlich wollte ich ja solche
Wege meiden... Wie so oft geht es nachdem man heruntergefahren ist
wieder hoch. Ich habe zwar wieder Teer unter den Rädern, es ist mir
aber etwas zu steil zum Hochfahren. Meine Rennradschuhe taugen nur
nicht zum Laufen und meine Turnschuhe sind irgendwo in meinem Gepäck.
Weil ich müde und unendlich faul bin, laufe ich mit Socken ein
Stück, bis es wieder runter geht.
Die
Strecke ist jetzt landschaftlich sehr reizvoll und es hat auch nicht
viel Verkehr, wenn ich nicht vor Hunger etwas wacklig auf den Beinen
wäre, könnte ich meine Tour jetzt richtig geniessen, aber so macht
es nicht richtig Spass. Nach einer gefühlten Ewigkeit gönne ich mir
bei der ersten Gelegenheit einen Döner, der mir selbstverständlich
sehr gut schmeckt.
Wieder
gestärkt beschliesse ich mir in der Nähe von Landquart einen
Schlafplatz zu suchen, bis dahin sind es aber noch ein paar
Kilometer. Auf grosse Anstrengungen habe ich keine Lust mehr, ich
bummle also ein bisschen herum. Erreiche aber Landquart noch bei
Tageslicht und fahre nun in Richtung Flüelapass. Kaum ist die Sonne
untergegangen finde ich kurz vor Grüsch ein gemütliches Plätzchen
am Waldrand und lege mich schlafen. Der erste Tag ist
überstanden!!!!!!!!!!

